Gruber als Lehrer

Franz Xaver Grubers Anstellung in Arnsdorf stellten sich Schwierigkeiten entgegen, besonders aus der eigenen Kollegenschaft. Der Vorwurf lautete, Gruber sei ein „Ausländer“.

Das Land Salzburg hatte sich über Jahrhunderte hinweg geistlich und weltlich als Fürsterzbistum gefestigt, war durch Goldbergbau und Salzhandel reich geworden und selbständig. Im Sog der Kriege gegen Frankreich unter Napoleon Bonaparte wechselten am Beginn des 19. Jahrhunderts ständig die politischen Machthaber.

Franz Xaver Gruber wollte nach Salzburg herein, ein Österreicher, dessen Eltern gebürtige Bayern waren – das Innviertel gehörte erst seit einer Generation zu Österreich. Gruber trat jedoch dem neidvollen Gerede mit erstaunlichem Können entgegen, einer Anstellung in Arnsdorf 1807 stand dem 19-Jährigen nichts mehr im Wege – vorerst.

Schultasche

Andererseits aber beschwerte sich Gruber bei der Schulbehörde: Die Wohnung im Schul- und Mesnerhaus war besetzt von der Witwe des Vorgängers. Man legte ihm nahe, die Witwe einfach zu heiraten. Gruber fand sich damit ab, heiratete im Juli 1807 die um dreizehn Jahre ältere Maria Elisabeth Engelsberger, geb. Fischinger, die im September 1806 bereits zweimal verwitwet war und zwei Kinder in die Gemeinschaft einbrachte. Zufriedenheit überall: Der Staat hatte eine Witwe weniger zu versorgen, die Frau freute sich über einen jungen Mann, der Lehrer bekam endlich einen Posten, offiziell am 12. November 1807. Zwei gemeinsame Kinder (Maria Theresia 1809, Theresia 1815) verstarben sehr früh.

Gegen Ende des Jahres 1807 überbrachte ein Bote des Pfleggerichtes Wildshut Gruber einen österreichischen Einberufungsbefehl: Krieg gegen die Franzosen. Gruber eilte die neun Kilometer zu seinem direkten Vorgesetzten in der Benediktinerabtei Michaelbeuern, Abt Nikolaus III. Der hatte ihn ja selbst auf Empfehlung des Erzabtes von St. Peter zu Salzburg nach Arnsdorf geholt. Das Kloster kümmerte sich um die wirtschaftlichen Belange der Schule. Der Abt schrieb einen Brief an das Pfleggericht in Wildshut und erklärte darin den Schullehrer Gruber zum Klosterbediensteten. Das genügte, kein Kriegsdienst. Grubers Aufgaben in Arnsdorf hießen: Schuldienst, Organistendienst, Mesnerdienst, davon aber die prägende Arbeit: Lehrer in der Volksschule.

Der junge Franz Xaver Gruber war nicht zu beneiden. An einen regelmäßigen Unterricht mussten sich die Kinder und ihre Eltern erst gewöhnen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es üblich gewesen, dass die Heranwachsenden zu Hause auf den Bauernhöfen im Arbeitseinsatz standen. Staatliche Grundbildung für alle Kinder, neuerdings vom Gesetz, sprich vom Kaiserhaus, vorgeschrieben, konkurrierte mit der Not am Hof, die da auch hieß: arbeiten, um zu überleben. Aber auch am Lehrer zerrten die Strapazen, weniger Kinder bedeuteten weniger Gehalt. In Briefen an seine Verwandtschaft beklagte sich Gruber öfters, dass er in Arnsdorf so wenig verdiene. Während seine Vorgesetzten die Schule und seinen Unterricht über Maßen lobten (Schulbericht von 1821: „…die beste Schule im Bezirk, die Kinder antworten in bewunderungswürdiger Fertigkeit…“), konterte Gruber privat: „Arnsdorf ist die misslichste Schule der Monarchie!“

Wirtschaftlich schielte Gruber auf die Lehrerstelle in Oberndorf, wo er ja seit 1816 als Organist und Chorleiter ein Zubrot verdiente. Er erhoffte sich mehr Verdienst. Dabei passierte ihm ein taktischer Fehler. Er suchte allzu schnell um Versetzung an und überging dabei seinen Vorgesetzten. Der Abt zeigte sich verärgert und vereitelte das Vorhaben. Gruber seinerseits ließ sich das nicht gefallen und bat in einem anderen Dekanat, in Köstendorf, um eine Lehrerstelle. Das gelang, und mit 27. Jänner 1829 wurde er nach Berndorf berufen. Seine Arnsdorfer Zeit war nach 21 Jahren vorbei.
In seinem Dienstzeugnis heißt es: Fähigkeiten: sehr viele; Fleiß: ausgezeichnet; Behandlungsart der Kinder: vorzüglich; sittliches Verhalten: sehr gut mit allseitiger Achtung; musikalische Kenntnisse: besonders als Organist; von ganz besonderer Geschicklichkeit in allen Zweigen; besondere Verdienste: Genügsamkeit mit minderem Ertrag seit 1807 und tätiger Entrichtung des Aushilfs-Organistendienstes in St. Nikolaus bei Laufen.