Die 3. Säkularfeier der Wallfahrtskirche Maria im Mösl 1820
Die Kirche Maria im Mösl verdankt ihre Existenz einem wundertätigen Marienbild, das sich nicht erhalten hat. Die im Mittelalter bestehende Kapelle wurde wohl zu klein für die große Anzahl der Gläubigen und Pilger, die das Marienbild aufsuchten, deshalb wurde 1507 mit dem Bau der jetzigen Kirche begonnen, die am 17. Juni 1520 von Bischof Berthold von Chiemsee eingeweiht wurde.
1820 war es Franz Xaver Gruber, der die 3. Säkularfeier der Kirche Maria im Mösl musikalisch gestaltete: Das Orchester bestand bei diesen Festtagen aus 50 Mitgliedern und es wurden unter der Leitung des Schullehrers und Mesners von Arnsdorf Messen, Lythaneien und Oratorien aufgeführt, die jeder Cathedralkirche Ehre gemacht haben würden. Von allen umliegenden und auch weit entfernten Orten kamen in Scharen die Wallfahrer, alle Glocken läuteten und die Äbte von Michaelbauern und St. Peter feierten in großem Prunk Messen“.
Franz Xaver Gruber war seit 1807 Lehrer, Mesner und Organist in Arnsdorf. 1818 hatte er hier das Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ geschrieben. In seiner kurzen Schilderung von der Wallfahrtskirche zu Armsdorf, ein Dokument, das im Archiv der Benediktinerabtei Michaelbeuern erhalten ist, beschreibt er die Geschichte der Kirche, und zwar auch die Vorgeschichte ab dem Mittelalter. Auf welche Quellen er sich dabei stützte, ist unbekannt, er beklagt sich über den „Mangel an Hülfsquellen, zu denen er mit aller angewandten Mühe, doch nicht gelangen konnte“.
Manche Anekdoten, die er aus mündlicher Überlieferung zu berichten weiß, etwa jene von Papst Pius, der sich 1782 in Altötting nach der Kirche „Maria im Mösl“ erkundigt, dürfte nur in diesem Dokument überliefert sein. Auch Unglücksfälle, wie der Absturz des Zimmerergesellen, der das Kreuz aufstecken sollte und dabei vom Schwindel erfasst wurde und der Einsturz des Gewölbes 1752, das drei Tote und acht Verletzte forderte, kennt Gruber anscheinend noch aus der mündlichen Überlieferung und nennt auch die Namen der Beteiligten. Viel Platz nimmt auch ein Konflikt ein, den die Mesnerin von Arnsdorf, Elisabeth Dürnberger – die Schwiegermutter von Grubers erster Frau – gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit dem damaligen Vikar von Michaelbeuern, Werigand Rettensteiner, austrug.
Gruber ist ein genauer und aufgeklärter Beobachter – es ist kein Problem, Gemälde und Kunstgegenstände nach seiner Schilderung zu identifizieren – er geht mit wissenschaftlicher Akribie an die Beschreibung und veranschaulicht verschiedene Inschriften, ein Weihwasserbecken, die Kirche und auch den Altar durch Zeichnungen.
1820 ließ auch Johann Andreas Seethaler, seit 1789 Pfleger von Laufen und Ober-Schiffsrichter zwischen Hallein und Passau, einer der frühen Heimatforscher und wahrscheinlich mit Franz Xaver Gruber befreundet, die einzige gedruckte Publikation zur Säkularfeier mit dem Titel „Zur Dritten Jubel Feyer, von der Wallfahrts=Kirche zu unser l. Frau in Armstorf bey Laufen Im Jahre 1820“, bei Duyle in Salzburg drucken. Franz Xaver Gruber wird in diesem Dokument nicht nur als Lehrer der Arnsdorfer Schule, sondern schon als „sehr geschickter Tonkünstler“ erwähnt.
1820 wurden zum Säkularfest tausende Pilger erwartet. Es wurde ein vollkommener Ablass gewährt, d.h. wenn man an der Feier teilnahm, Gebete verrichtete und kommunizierte, waren die Strafen für begangene Sünden erlassen. Das 40-stündige Gebet war eine im 18. Jahrhundert sehr beliebte Form der Anbetung, die z. B. an den größeren Kirchen der Stadt Salzburg einmal im Jahr üblich war. (Bei der Säkularfeier in Arnsdorf, wie üblich, wurde das Allerheiligste, also die Monstranz mit der Hostie zur Anbetung ausgesetzt. Die Gläubigen waren nicht die ganzen 40 Stunden, sondern abwechselnd anwesend. Musikalische und liturgische Höhepunkte waren die Hochämter am Vormittag und die Litaneien, die jeden Tag beschlossen.)
Bruderschaften und „vollkommener Ablass“ haben ihren Ursprung beide in der Idee, dass die Seele nach dem Tod zur Abbüßung ihrer Sünden zunächst ins Fegefeuer kommt und daraus durch Gebete, die Bezahlung von Ablässen etc. erlöst werden kann. War man Mitglied in einer Bruderschaft, konnte man sich darauf verlassen, dass die anderen Mitglieder (Frauen und Männer) im Falle des Todes die Leiche würdig bestatteten und danach für die Seele beteten, um den Übertritt vom Fegefeuer in das Paradies früher zu ermöglichen.
In Arnsdorf war die hier offenbar 1644 gegründete Rosenkranz-Bruderschaft ansässig, die mit der sogenannten „Stundbruderschaft“ eine Doppelbruderschaft bildete. Gruber schreibt: „Einverleibte der Rosenkranzbruderschaft haben wöchentl. 3 Rosenkränze, jene der Stundbruderschaft jährlich an einem der Ordnung nach treffenden Tage mit vorhergehender Beicht und Kommunion /: wenn es möglich ist : / iede Stunde lang zu bethen.“
Die Rosenkranzbruderschaft war eine Dominikanische Gründung, wurde aber durch die Benediktiner in Salzburg eingeführt. Das erklärt auch, warum das 1759 vom Laufener Maler Franz R. Hörbst gemalte Altarblatt des Bruderschaftsaltars in nördlichen Seitenkapelle der Kirche Maria im Mösl zeigt, „wie die sel. Jungf. Maria auf den Wol=ken ruhend dem heil. Dominikus einen Rosenkranz (Psalter) reicht.“
In der Stadt Salzburg war die Rosenkranzbruderschaft ab spätestens 1634 an der Universität und ihrer Kirche beheimatet. Sie bildete mit der sogenannten Stundbrudersschaft, deren Mitglieder sich zur Übernahme einer Jahresstunde zum Rosenkranzgebet für die Sterbenden verpflichteten, ab 1635 eine Doppelbrüderschaft. Fürsterzbischof Max Gandolph von Kuenburg (1622–1687) war ein besonderer Förderer dieser Bruderschaft; die berühmten Rosenkranz- oder Mysteriensonaten seines Hofkapellmeisters Heinrich Ignaz Franz Bibers (1644–1704) dürften in Zusammenhang mit dieser entstanden sein. © Eva Neumayr